Das gestrige Auswärtsspiel der Deutschen Welle beim Deutschen Herold war mal wieder nichts für schwache Nerven und brachte die Erkenntnis mit sich, dass egal, wie lange man schon Fußball spielt, dieses Spiel immer wieder Verläufe zeigt, die vorher noch nicht da gewesen sind. Wegen zahlreicher verletzungsbedingter Ausfälle war es für die DW-Elf wieder einmal nicht leicht gewesen, eine schlagkräftige Mannschaft auf den Platz zu bringen. Doch die elf Mannen, die das Spiel begannen, agierten von Beginn an zielstrebig und hatten ein klares Übergewicht gegen einen Deutschen Herold, der nur äußerst selten in Ballbesitz war und dann mit langen Bällen in die Spitze agierte. Ließ die Welle den Ball bis 30 Meter vor dem gegnerischen Tor auch meist gut laufen, so fehlte dann die letzte Effektivität, um klare Torchancen heraus zu spielen. Trotzdem ging das Spiel fast nur in eine Richtung. Umso unverständlicher, dass es nach drei Kontern der Gastgeber plötzlich 3:0 für den Deutschen Herold stand. Die DW-Elf zeigte sich jedoch unbeeindruckt: Nach einem Pass von Charif wurde Johann im Strafraum zu Fall gebracht, und der Schiedsrichter zeigte auf den Elfmeterpunkt. Und nun kam Hektik ins Spiel. Weil Spieler des Deutschen Herolds zu früh in den Strafraum liefen, ließ der Schiedsrichter den Elfmeter gleich zweimal wiederholen. Den dritten Strafstoß versenkte Bahri zum 1:3. Der Gegner war nun aufgebracht, und der Schiedsrichter schien sich Gedanken darüber zu machen, ob seine Entscheidung, den Elfmeter dreimal ausführen zu lassen, wohl gerechtfertigt war. Nach einem Allerweltsfoul auf der rechten Seite zeigte der Schiedsrichter zum Erstaunen aller Rachid die rote Karte. Die Deutsche Welle musste fortan mit einem Mann weniger die Aufholjagd bestreiten.
In der Halbzeit war man weiter guten Mutes und stellte hinten auf eine Dreierkette um. Selbstbewusst begann man auch den zweiten Durchgang. Doch der nächste Rückschlag ließ nicht lange auf sich warten. Nach einem dummen Fehler in der Vorwärtsbewegung vollendete der gegnerische Mittelstürmer den ersten Konter der Gastgeber zum 4:1. Doch wieder war die DW-Elf nur kurz geschockt. Es zeigte sich, dass sie über die weitaus bessere Kondition verfügte und durch nun immer beherzteres Zweikampfverhalten viele Bälle früh eroberte und so über viele schnelle Angriffe ein ums andere Mal zu hervorragenden Einschussmöglichkeiten kam. Das Visier beim Abschluss wurde jedoch fast immer zu hoch angesetzt, die DW-Elf ließ viele klare Chancen aus. Dabei verteidigte man sehr hoch, so dass Joachim hin und wieder gezwungen war, den Libero zu geben und brenzlige Situationen zu bereinigen.
In der 75. Minute war es dann aber so weit. Einen Freistoß von der linke Seite von Charif konnte sich der gegnerische Torwart nur noch ins eigene Tor boxen: 2:4. Und schon rollte der nächste Angriff über links: Wieder Foul, wieder Freistoß, und wieder ein geistesgegenwärtiger Charif. Da der Schiedsrichter den Ball nicht gesperrt hatte, der Gegner aber noch mit dem Postieren der Mauer beschäftigt war, zirkelte Charif den Ball schnell und präzise in die kurze Ecke. Als die Heroldianer ihre Unaufmerksamkeit erkannten, stand es schon 3:4. Und noch waren zehn Minuten zu spielen. Der nächste Angriffszug rollte. Johann brachte den Ball von links in die Mitte und über Manuel landete der Ball bei Bahri, der zum viel bejubelten 4:4 traf. Nun wurde die DW-Elf zwar wieder etwas vorsichtiger, doch gleichzeitig war erkennbar, dass nun auch der Siegtreffer möglich war. In ihrem Überschwang rückte die Welle bei einem Angriff zu weit auf, verlor den Ball, und mit einem langen Ball schickte der Herold seinen Stürmer auf die Reise. Joachim war gezwungen, aus dem Tor zu kommen und bekam den Ball unglücklich etwa 25 Meter vor dem Tor an die Hand. Der Schiedsrichter pfiff und zeigte wieder rot. Nun war die Welle in doppelter Unterzahl. Schnell musste reagiert werden. Jaime zog sich die Torwarthandschuhe an und ging ins Tor, der anschließende Freistoß ging am Tor vorbei.
Dann wieder ein Angriff der acht DW-Feldspieler. Foul an Charif im Strafraum. Elfmeter. Ardian läuft an: 5:4 für die Welle. Ein Wahnsinn, gleich muss das Spiel vorbei sein. Nun kündigt der Schiedsrichter fünf Minuten Nachspielzeit an. Mancher einer fragt sich, wo die wohl herkommen. Die DW-Elf zieht sich mit allen noch verfügbaren Spielern zurück, kann sich aber auch immer wieder befreien. Nun verkündet der Schiedsrichter bei jeder kleinsten Unterbrechung, er halte die Zeit an. Sind wir beim Basketball? Hallenfußball? Dann Einwurf des Gegners in dessen Hälfte. Der Schiri kündigt die letzten 20 Sekunden an. Die Welle kämpft, der Gegner kommt nicht vors Tor. Wo bleibt der Schlusspfiff. Nach diversen Querpässen schlägt der Herold den Ball noch einmal lang in den Strafraum. Irgendwie findet sich ein Abnehmer: 5:5. Dann plötzlich pfeift der Schiedsrichter ab.
Eine absolute Gefühlsachterbahn. Und eine Wahnsinnsleistung der DW-Elf: Nie aufgegeben und alles versucht, einen 1:4 Rückstand mit einem und später mit zwei Mann weniger zu einem 5:4 gedreht, und am Ende mit viel Pech noch den Ausgleich hingenommen. Wenn man uns eine Viertelstunde vor Schluss gesagt hätte, dass wir uns über ein 5:5 ärgern, dann hätte das keiner geglaubt. So aber war schon erst einmal viel Enttäuschung über den Ausgleich in der x. Minute der Nachspielzeit da. Aber es bleibt auch die Erkenntnis: Mit so viel Moral, so viel Angriffspower und so viel Energie werden wir in dieser Saison noch einiges leisten können. Hut ab!